Betreff: Leserbrief zu 9/10.7.05 S.42 Nr. 156 Volksbegehren
Von: Bernd Schreiner
Datum: Wed, 13 Jul 2005 12:46:31 +0200
An: Süddeutsche Zeitung

Polemik, Angst und Gruselgeschichten.


Der Herr von der Technik T-Mobil wird nach einem recht persönlichen Auftakt schnell sachlich und bewertet das Baurecht. Doch da hätte er sich besser informieren sollen, denn bei Bauwerken wird in der Genehmigung sehr wohl die Immissionen, oder genauer die Emissionen eines geplanten Bauwerks betrachtet, und das Baurecht und - Ordnung steuert das gesamte Verfahren.
Das ist bei Lärm, Abgas und vielen anderen Auswirkungen Standart.

Nur bei dem Sache Mobilfunk herrscht in grossen Teilen Narrenfreiheit der Betreiber, die Baurecht beugen dürfen und Behörden dabei zumindest die Augen zu drücken.

Wenn das die Erfahrung der Leute bei der T- mobile ist, ist sein Standpunkt, dass Mitsprache im Baurecht und Bauordnung nicht zu suchen haben klar und verständlich.

Wir Bürger sind der Markt, oder das Milchvieh und der Betriebsleiter entscheidet über das Futter, den Stall und den Rest.
Doch scheinbar wird in diesem Land völlig vergessen, dass dieses Land Bürger beherbergt, die nicht nur hier leben möchten und Bittsteller sind, sondern dass alle Gewalt im Staate von diesem Volk ausgeht.

Dass ein Techniker bei den Erfahrungen mit einer komplexen, nicht in einfache Rechenmodelle pressbaren, realen Welt und Gesellschaft den Kopf schüttelt, ist nur zu gut nachzuvollziehen, doch was sollen die Bürger sagen, wenn rund um den Mobilfunkmasten Leute erkranken, an Krebs sterben, und es nur im engen Umkreis um die Sender diese Häufungen gibt, wie auch in unserem kleinen Dorf das zwischenzeitlich 6 Krebstode ausschließlich im engen Kreis um die Antenne zählen musste?

Wir Bürger wurden vor Jahren mit einer Selbstverpflichtungserklärung gegenüber dem Kanzler aus wirtschaftlichen Gründen abgefertigt, dafür bekam die Mobilfunkindustrie keine Grenzwertabsenkung. Doch wo werden die für die Bürger relevanten Verpflichtungen eingehalten, wo wird in der Nähe von Schulen nicht installiert, oder wie wieder bei uns, direkt neben dem Kindergarten, Sektorantenne genau darauf ausgerichtet? Wo ist das flächendeckende Messnetz?

Wer ernsthaft diskutieren möchte, der sollte primär in der Lage sein, die Realität zu betrachten und erst danach versuchen zu bewerten oder zu beurteilen. Und neben den immer drastischeren Hinweisen aus der Wissenschaft, dass die Grundlage der Grenzwertfindung unter Merkel spätestens seit den Ergebnissen der REFLEX- Studie kaum mehr haltbar ist, erleben wir Bürger bereits die Folgen.

Von einem Techniker erwarte ich, technische Lösungsvorschläge und keine halbphilosophischen Abhandlungen, die mit einem Schuss Populismus angereichert sind.

Und von einem Techniker erwarte ich weiter, dass er die Warnungen der vielen Ärzte im Land ernst nimmt und nicht auf die rechtliche Situation ausweicht oder polemisiert.

Da wusste bereits 1991 die Strahlenschutzkommission von gesicherten Schäden bei SAR Werten von 0,01 W/kg bei gepulster Hochfrequenz, und kein Techniker denkt an Lösungen wie der Handynutzer seine Belastung unter diesen Wert bekommt, und belastet die Leute mit bis zu 2 W/kg. Ist ja zulässig!

Warum muss ich als Architekt vorschlagen, dass man die Sende- und Empfangseinheiten der Mobilfunksender trennen könnte, und damit viel vom Konfliktpotential Mobilfunkstation entschärfen könnte?

Oder um es an seinem Beispiel deutlich zu machen, Tankstellen ausserhalb belasten die Gesundheit der Anwohner, die wissenschaftlich übrigens nachgewiesen ist, deutlich weniger, und wenn die Autofahrer ihren Sprit auf ihrer regulären Heimfahrt an der Gemeindegrenze bekommen, könnten alle glücklich sein, und es wäre ökologisch.

Wären direkt bei den Nutzern die reinen Handyempfänger, könnte ein Handynutzer mit minimaler Belastung seinen Kommunikationsadapter ans Ohr halten, die Anwohner beruhigt schlafen, und das Handy von einem entfernten oder leitungsreduzierten Sender gut versorgt werden.

Das wäre eine Belastungsreduzierung für alle, bei Nutzen für alle und einer betriebswirtschaftlichen Komponente, die das sogar finanzieren könnte.

Wenn interessiert es? Bisher niemand auf Betreiber- oder Politikerseite!

Und wer heute schon glaubt den volkswirtschaftlichen Nutzen der Handys anführen zu müssen, sollte vorsichtshalber die wissenschaftlichen Arbeiten rund um die kognitiven Beeinträchtigungen durch die Handynutzung und der Mikrowellenbestrahlung ansehen, und mal darüber nachdenken, ob die Ergebnisse der Pisastudie, die erschreckenden Berichte von Lehrern, und das regelmässige Scheitern von anspruchsvollen Aufgaben im Land, wie der Mauterfassung, nicht irgendetwas mit der Bestrahlung und Handynutzung zu tun haben.

Erst letzte Woche berichteten Forscher, dass alleine SMS Nutzung die kognitiven Fähigkeiten 2,5 mal stärker beeinträchtigt als der Haschischkonsum, der traditionell ja bereits als dumm machend angesehnen wird.


Viele Grüße aus Westhausen!

Bernd Schreiner

Freier Architekt (AKT) und Baubiologe (IBN)

Architektur[werk]Statt
Dipl.Ing(fh) M. & B. Schreiner
Hauptstrasse 106
98663 Westhausen



Quellen und Hinweise:


Zitat SSK:

Bundesanzeiger Nr. 43 vom 03. März 1992, – Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission, Band 24)


Über spezielle Effekte, die nicht auf der Erwärmung beruhen, wird in der Literatur seit unge-fähr
15 Jahren berichtet. Wenn eine Hochfrequenzstrahlung mit einer anderen Frequenz ampli-tudenmoduliert
ist, können Feldwirkungen auftreten, welche bei unmodulierter Strahlung nicht
existieren. Es handelt sich meistens um Veränderungen der Permeabilität von Zellmembranen.
Beispielsweise wurde festgestellt, daß bei einer HF-Strahlung mit einer Frequenz von 147
MHz, die mit Frequenzen zwischen 6 und 20 Hertz moduliert war, der Kalziumausstrom aus
Zellkulturen bei bestimmten Frequenzen signifikant (um 10 bis 20 %) erhöht war.
Insgesamt wurde eine komplexe Abhängigkeit dieser Effekte von Intensität und Frequenz be-obachtet,
wobei spezielle Frequenzbereiche besonders wirksam sind. Die Membraneffekte wur-den
vielfach bestätigt, so daß ihre Existenz heute als gesichert gilt. Hervorzuheben ist, daß die
SAR-Werte hierbei teilweise kleiner als 0,01 W/kg sind und damit erheblich unterhalb ther-misch
relevanter Intensitäten liegen.


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Mobilfunk-Emissionen und Gedächtnisleistungen "Gibt es eine Beeinträchtigung der mentalen Prozesse durch gepulste Felder?"; Dr. rer.nat. et med.habil. Rüdiger Maier, Klinik für Kommunikationsstörungen, Universität Mainz, Tel.: 06131-17-2202,Fax: 06131-17-47-2202

Zusammenfassung
In einer Pilotstudie sollte überprüft werden, ob elektromagnetische Felder, wie sie bei Mobil- Telefonen auftreten, den Regenerationsprozess kognitiver Prozesse beeinträchtigen. Die Untersuchungen erfolgten in einem elektrophysiologischen Labor, in dem elf Probanden in einer Ruhephase zeitlich begrenzt (50 Minuten) gepulsten Feldern (GSM-Standard) ausgesetzt waren. Zur Objektivierung der kognitiven Leistungen fand das psychophysiologische Verfahren zur Bewertung der OrdnungsschwelleÒ (OS) Verwendung.

In der Testsituation erbrachten neun der Probanden nach Feldemission im Vergleich zur Referenzsituation (ohne Feldemission) eine reduzierte mentale Regeneration. Die Untersuchung ergab, dass die Probanden auf Einwirkung gepulster elektromagnetischer Felder mit einem kognitiven Leistungsabfall reagieren, was sich im Test in einer Steigerung der Ordnungsschwellen widerspiegelt.

Herrn Prof. Dr. Hommel, Institut für Medizinische Statistik, Univ.-Mainz, sei für fachliche Beratung gedankt. Herrn Dr. L. v. Klitzing danke ich für die Unterstützung bei der Messwerterfassung in seinem Labor.

Wir wussten es ja schon immer - Rauchen macht dumm! Vor allem wenn es Haschisch ist. Beim Rauchen eines Joints sinkt der Intelligenzquotient um vier Prozent. Das allerdings entlockt Forschen der Universität London nur ein müdes Lächeln. Nicht das sie rauschgiftsüchtig sind. Sie haben einen viel schlimmeren Angreifer auf die Leistungsfähigkeit der Gehirne ausgemacht: E-Mail und SMS.

Computer & Kommunikation · 02.07.2005

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